Als J.J. Abrams vor vier Jahren seinen ersten Star-Trek-Spielfilm in die Kinos brachte, überraschte er die Zuschauer damit, dass er gleich zu Beginn drastisch klarmachte, dass nach diesem Film bei Star Trek nichts mehr so sein würde wie bisher. Erwartet hatten die Fans einen Film über die Kadettenjahre des jungen James T. Kirk (Chris Pine) – was sie bekamen, war eine alternative Zeitlinie – und Abrams zeigte mit der Zerstörung Vulkans, dass er nicht bereit war, hier nur eine simple Nacherzählung alter Enterprise-Geschichten abzuliefern.
Viele Trekkies waren denn auch entsprechend sauer auf Abrams, weil er das von ihnen so geliebte Star Trek-Universum gekillt hatte, aber der Erfolg an den Kinokassen gab dem Konzept eines modernisierten Neustarts Recht. Weltweit spielte der schlicht »Star Trek« genannte Film 385 Millionen Dollar ein. Und wurde damit zum kommerziell erfolgreichsten Star-Trek-Streifen. Nachdem der zehnte Film, »Star Trek: Nemesis«, an den Kinokassen grandios durchgefallen war, war dies die Rettung für die Enterprise.
Und nun, weitere fünf Jahre später, kehrt die junge Crew um James T. Kirk (Chris Pine) und Spock (Zachary Quinto) zurück – denn die Dunkelheit erwartet die Enterprise: »Star Trek Into Darkness«. Und wieder zeigt Abrams, dass er nicht bereit ist, nur alte Geschichten nachzuerzählen – sondern er will sie uns neu präsentieren, neu erleben lassen. Er will nicht »Star Trek – The Next Generation« abliefern, sondern Star Trek für die nächste Generation produzieren. Mit »Star Trek Into Darkness« ist ihm dies auf eine eindrucksvolle Art und Weise gelungen.
Nein, ich werde in dieser Filmkritik nicht viel über die Handlung sagen können, nichts über Gastauftritte und Handlungswendungen erzählen. Und ich werde auch nicht das Rätsel auflösen, wer sich nun hinter John Harrison (eindrucksvoll wie immer: Benedict Cumberbatch) verbirgt. Das wären alles Spoiler, böse Spoiler, die Euch nur den Filmgenuss verderben würden.
Die etwas gekürzte offizielle Zusammenfassung der Filmhandlung muss ausreichen: »Alles beginnt, als die ENTERPRISE nach einem umstrittenen galaktischen Zwischenfall zur Erde zurückkehrt, denn der ungestüme Captain will unbedingt eine längere Friedens- und Forschungsmission zu den Sternen unternehmen. Doch auf der Erde kommt es zu einer Krise: Ein vernichtender Terroranschlag offenbart die schockierende Tatsache, dass die Sternenflotte von innen angegriffen wird – mit höchst prekären Konsequenzen für die gesamte Welt. Unter Kirks Befehl gerät die Besatzung der ENTERPRISE in ein düsteres Spiegelreich der Unwägbarkeiten, wie es noch kein Mensch jemals erlebt hat – die Gratwanderung zwischen Freund und Feind, Rache und Gerechtigkeit, totalem Krieg und dem grenzenlosen Potenzial eines künftigen Bündnisses bringt alle Beteiligten in höchste Lebensgefahr.«
Was bleibt also noch zu sagen? Es gilt sehr viel Lob über J.J. Abrams und die Schauspieler auszugießen. Auch wenn Abrams vieles modernisierte (so wirkt die Erde des 23. Jahrhunderts erstmals glaubwürdig lebendig), so spüren wir Dank des bereits bei »Star Trek« bewährten Castings immer noch die Chemie der alten Crew. Wunderbar herausgearbeitet vor allem bei Kirk und Spock, den Gegensätzen Intuition und Logik, deren Beziehung zueinander eines der Hauptthemen des Filmes darstellt. Aber auch die anderen Figuren, Pille (Karl Urban), Uhura (Zoë Saldana), Scotty (Simon Pegg), Chekov (Anton Yelchin) und Sulu (John Cho) habe mehr als nur kurze Auftritte und dürfen sich als gereifte Ebenbilder ihrer Fernsehvorbilder präsentieren. Habe ich schon erwähnt, dass Benedict Cumberbatch einen brillanten Auftritt als Bösewicht hinlegt? Und zwar einen so brillanten, dass man irgendwann sogar Sympathien für seinen Charakter entwickelt?
Zur Handlung selbst – wie gesagt – darf man als verantwortungsvoller Kritiker nur wenig sagen. Aber ohne zu spoilern kann man sagen, dass die Geschichte wunderbar beweist, dass der Reboot des Universums, also die Ausbildung einer alternativen Zeitlinie mit neuen Möglichkeiten und Variationen eine geniale Idee des Drehbuch-Teams war. So können bekannte Elemente, klassische Dialogzeilen aus dem Star Trek-Universum mit neuen Ideen zu einem faszinierenden Abenteuer vermischt werden, dass vor allem eines ist: spannend und sehenswert. Und so sehr manche diese Neuinterpretation von Star Trek ablehnen, so sehr lebt dieser Film doch den Flair und den Geist der alten Streifen.
Die Optik des Films ist auch noch eine Aussage wert. Das Presseheft legt viel Wert darauf, dass viele Sets wirklich gebaut wurden und man möglichst wenige Szenen vor Greenscreens drehen wollte: »Greenscreens und Computerbilder setzt Abrams nur ein, wenn es nicht anders geht, um die Zuschauer in Galaxien zu entführen, die noch kein Mensch gesehen hat. Doch Action-Sequenzen und dramatische Szenen dreht Abrams eher schnörkellos und intim, was die Kontraste nur noch verstärkt. „Natürlich kann man keinen Film mit ‚Star Trek‘ im Titel drehen, ohne Greenscreen-Elemente zu verwenden“, berichtet der Regisseur. „Aber wie schon beim ersten Film versuchen wir auch jetzt wieder – wenn irgend möglich –, Schauplätze zu finden und Sets zu bauen, die nicht synthetisch und steril, sondern sehr, sehr echt wirken.“« Die Wirkung ist zweifelsohne vorhanden, denn viele Szenen wirken tatsächlich gerade durch ihre Optik grandios und der Einsatz von CGI war anscheinend tatsächlich sparsamer, als man bei solch einer Produktion vermuten würde. Dies bedeutet nicht, dass »Star Trek Into Darkness« auf eindrucksvolle Szenen verzichten würde, wobei hier jedoch auch einer der Kritikpunkte des Films anfällt: Manche Kampfsequenz ist extrem unübersichtlich gefilmt (noch dazu ist die Kamera manchmal mitten im Geschehen dabei) und das Auge sucht regelrecht immer wieder nach einem Anhaltspunkt um sich zu orientieren. Die für Abrams ebenfalls typischen Sperenzchen der Kameraführung nerven auch manchmal – aber den Filmgenuss können sie nicht trüben.
»Star Trek Into Darkness« ist schlicht und ergreifend ein moderner Star-Trek-Film für die nächste Generation an Science-Fiction-Fans. Kein Remake, sondern Star Trek für das 21. Jahrhundert.